ADAC Eifel Rallye Festival 2023 – Das Rallye-Fest in Daun:
Das ADAC Eifel Rallye Festival (27. – 29. Juli 2023) ist Geschichte, die Teams haben ihre bunten Zelte in der zur Rallye-Meile umfunktionierten Innenstadt von Daun wieder abgebaut. Die über 160 originalen und originalgetreu nachgebauten Fahrzeuge aus der Geschichte des Rallyesports lockten erneut zehntausende Fans aus Europa und darüber hinaus in die Vulkaneifel.
Fotos / Text: ADAC Eifel Rallye Festival / Jürgen Hahn
Die VIP-Teams rund um Weltmeister Stig Blomqvist, Rauno Aaltonen, Bruno Thiry, Kalle Grundel, Nicky Grist, Harald Demuth, Rui Madeira, Rudi Stohl oder Niki Schelle erfüllten unzählige Autogramwünsche. WM-Star Thierry Neuville reiste von den Tests in Finnland an, um bei dem spektakulären Auftritt seiner Brüder Yannik Neuville und Tom Heindrichs in den von ihm früher selbst in der WM pilotierten Ford Fiesta WRC und Citroën DS3 WRC dabei zu sein. Viele verabredeten sich beim Eifel Rallye Festival zu einem der wohl weltweit größten Klassentreffen des historischen Rallyesports. Es war alles wie immer, auch das Wetter hatte zu Beginn wieder einige Regen- Überraschungen parat, passte sich dann aber der guten Stimmung von Teilnehmern und Fans an. „Rallye-Sport ist Outdoor-Sport, einen echten Fan hält auch etwas Regen nicht ab“, begründete Bruno Thiry die riesige Anzahl von Fans entlang der Prüfungen.
„Ich bin begeistert und sprachlos“, sagte Reinhard Klein (Köln), der als Kopf von Slowly Sideways das Teilnehmerfeld zusammenstellt. „Der Andrang auf unser Festival, die Vielfalt, die erneute Steigerung in der Qualität der Fahrzeuge. Immer mehr Menschen nehmen die die Geschichte des Rallyesports ernst, sie leben sie quasi und eifern ihren persönlichen Helden nach. Und sie haben über alle Länder- und Sprachgrenzen hinweg einfach nur gemeinsam Spaß. Unser Ziel ist es, dafür die passende Plattform zu bieten – und das gelingt uns scheinbar immer besser.“
Ähnlich formuliert Thierry Neuville, „Hier beim Eifel Rallye Festival findest du nur Menschen, die für diesen Sport leben. Aber nicht nur die älteren, die das teilweise live erlebt haben, sondern immer mehr jüngere. Für sie alle ist dieses Festival das absolute Highlight.“ Der vielfache Vize-Weltmeister ergänzt: „Für mich ist es eine riesige Freude zu sehen, wie meine beiden Brüder hier in meinen ehemaligen Autos Spaß haben. Diese wunderbaren Sportgeräte stehen zumeist in der Garage, da schadet es auch nichts, wenn sie hier mal artgerecht bewegt werden. Zudem ist es auf den Demonstrationsstrecken vollkommen stressfrei, da es nur um den Spaß und nicht um die Zeit geht.“ Yannik Neuville bestätigt: „Das waren die bislang schönsten Tage in meinem Leben und das Festival war die perfekte Bühne dazu.“
Dass die Freude am Festival sich auf alle Beteiligten übertrug und für eine durchgängig gute Stimmung sorgte, bestätigte auch Organisationsleiter Otmar Anschütz vom veranstaltenden MSC Daun: „Es ist wirklich beeindruckend, mit welcher Disziplin die Zuschauer und Teilnehmer bei diesem Festival unterwegs waren. Diese riesige Zuschauermenge und das gigantische Teilnehmerfeld und es gab keinerlei Probleme. Dazu die wirkliche Enge in der Rallye-Meile, damit möglichst viele Teams teilnehmen konnten. Egal wo – es wurde kurz besprochen und es gab überall einfache, einvernehmliche Lösungen. Einfach ein geniales Miteinander.“ Anschütz ergänzte: „Bei der Gelegenheit möchte ich mich bei dem großen Verständnis der Anwohner bedanken, die die ‚Belagerung‘ von Daun und der Umgebung und die Einschränkungen so verständnisvoll mitgemacht haben. Ein herzliches Dankeschön geht auch an unsere über 700 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Ohne sie wäre eine solche Großveranstaltung nicht möglich.“
Ein kurzes Innehalten gab es direkt zu Beginn am Donnerstag beim Shakedown in Bodenbach. Ein Fan brach im Zuschauerbereich zusammen. Zwei zufällig anwesende Krankenschwestern begannen sofort mit der Reanimation und kämpften um sein Leben. Der Shakedown wurde sofort unterbrochen und der Rettungsdienst des Veranstalters war unmittelbar vor Ort, so dass die Ärzte die weitere Betreuung übernehmen konnten und der Abtransport ins Krankenhaus erfolgte. Von dort kamen dann die positiven Signale, dass der Patien dieses Ereignis wohl ohne bleibende Schäden überstanden hat.
Beim Welcome-Abend am Donnerstag mit dem Open-Air Kino von Kult-Filmer Helmut Deimel entlockte Moderator Markus Stier den anwesenden VIP-Gästen spannende und sehr kurzweilige Geschichten. Hier einige Auszüge davon:
Mit inzwischen vier WM-Siegen (Dreimal mit Michelle Mouton und einmal mit Pierro Liatti) ist die Italienerin Fabrizia Pons die erfolgreichste Frau in der Geschichte der Rallye-Weltmeisterschaft. In der Eifel navigierte sie Weltmeister Stig Blomqvist im Audi Sport Quattro S1 über die Demonstrationsstrecken. „Ich fahre immer noch mehr als 20 Rallyes im Jahr, ich kann einfach nicht aufhören. Es gibt zwar inzwischen viele Frauen im Rallyesport, aber ich warte immer noch auf das neue Top-Team, das nur aus Frauen besteht. Sie ergänzte: „Der Sieg 1997 im Impreza mit Liatti bei der Monte war schön, auch weil es der erste Erfolg mit den neuen WRC-Autos war. Ansonsten war mir der Erfolg bei der Monte nicht so wichtig, ich hätte lieber mal die Safari gewonnen, aber das hat nie geklappt.“
Zum Mythos der Rallye Monte Carlo ergänzte Rauno Aaltonen, der dort 1967 im Mini Cooper gewann. „Die Monte ist nicht die schwierigste Rallye, aber die mit Abstand prestigeträchtigste – und dort gibt es die besten Preisgelder.“ Nachdem 1966 die auf den ersten drei Plätzen liegenden Mini Cooper wegen nicht regulärer Glühfäden in den Scheinwerfern(!) disqualifiziert wurden, hatte sich Aaltonen auf die 67er Ausgabe perfekt vorbereitet. „Die längste WP in der Ardèche habe ich zwei Wochen lang bei Tag und Nacht und bei jedem Wetter trainiert. Im Wettbewerb war ich dann zwei Minuten schneller als alle anderen. Doch die Organisation glaubte an einen Fehler der Zeitnahme und hat mir zwei Minuten gestrichen, zum Sieg hat es dennoch gereicht.“
Im Laufe des Abends erfolgte dann noch die erste Vorlesung zum Thema Fahrphysik im Rallyesport bei Professor Rauno Aaltonen: Er hatte 1961 sein Heimspiel bei der 1000 Seen in Finnland mit einem Mercedes 220 SE gewonnen. „Das war das Straßenauto meines Vaters mit einem Serienmotor. Ich habe einen eigenen Unterbodenschutz gebaut, der auf Gummi gelagert war. Bei den Landungen nach den vielen Kuppen mit einem fest verbauten U-Schutz wird dem Fahrer durch den harten Aufprall immer kurz schwarz vor Augen. Das war mit dem gummigelagerten Schutz nicht so. Zudem habe ich immer versucht wie eine Katze auf einem Rad zu landen und das auch noch etwas schräg. Dazu habe ich das Fahrwerk angepasst und bei jedem Sprung etwas weniger Zeit verloren. So hat es letztlich gegen die vielen Saab zum Sieg gereicht.“
Weltmeister Nicky Grist gewann die RAC-Rallye 1993 und 1997. Im Weltmeisterjahr 1993 saß er an der Seite von Juha Kankkunen, die originale Toyota Celica aus dem WM-Jahr pilotierte er in der Eifel selbst. Beim Sieg 1997 saß er an der Seite von Colin McRae. „Das war ein besonderer Sieg, wenn man beim Heimspiel zusammen mit einem Landsmann gewinnt. Aber egal wie, bei der RAC war es vor allem immer wichtig, eine gute Heizung im Auto zu haben.“
Bruno Thiry, der langjährige WM-Pilot und Europameister von 2003 pilotierte einen originalen VW Golf GTI von der Safari 1987 aus der Sammlung von Wolf-Dieter Ihle. Der frischgebackene Rentner war als Zuschauer schon öfters beim Festival, jetzt funktionierte es endlich mit der Teilnahme. „Für die Rente habe ich noch ein Projekt in meiner Garage stehen – einen originale Citroën Visa Mille Pistes aus der Gruppe B. Der ist schon sehr lange nicht mehr bewegt worden.“
1986 stand Kalle Grundel kurz vor seinem ersten WM-Sieg. Bei der Akropolis Rallye führte er im Ford RS 200 mit über zwei Minuten, bis ein nicht lösbares Problem im Service für das Aus sorgte. „In der Situation habe ich geweint wie ein Baby.“ Mit Blick auf den ebenfalls anwesenden John Wheeler, bei Ford für das RS200-Projekt verantwortlich, ergänzte er: „Bei einem Test haben John und ich festgestellt, wie man mit dem RS200 gewinnen kann. Wenn die Strecke so hart ist wie in Griechenland, dann muss man einfach nur schneller fahren, der hält das aus.“
Rallye-Weltenbummler Rudi Stohl („in Afrika ist immer alles anders“) und Rauno Aaltonen gaben einige Storys aus Afrika zum Besten. Großes Gelächter erzeugte die Geschichte, als Aaltonen von einer harten Probe der Freundschaft mit seinem langjährigen Co-Piloten Lofty Drews erzählte, über die auch Drews in Daun schmunzeln musste. „Hinten am Capri waren Halterungen für die Füße und oben am Dach für die Hände angebracht, damit der Co beim Durchfahren von Schlammlöchern sich daraufstellen konnte und so den Druck auf die Antriebsachse erhöhte. Wegen der komischen Haltung des Beifahrers nannten wir das auch ‚die französische Toilette‘. Durch eine Welle in dem Schlammloch wurde Lofty über das Auto kopfüber in den Schlamm geschleudert. Ich konnte aber nicht anhalten, sonst wären wir stecken geblieben. Lofty musste also durch den Schlamm hinter mir her waten. Als er ins Auto stieg, war er schlammüberzogen, nur noch die Zähne blitzten weiß.“
Eines der Erfolgsgeheimnisse des Eifel Rallye Festival ist die fehlende Zeitnahme. Dennoch werden zum großen Finale am Samstagabend immer wieder Sieger gekürt. Nur eben nach anderen Kriterien, was dennoch für viele Überraschungen und strahlende Gesichter sorgte. Der Preis für das beste Original-Fahrzeug ging an Robert Whitehouse mit seinem Lancia Rallye 037, dem Fahrzeug von Fabrizio Tabaton bei der Rallye San Remo 1984. Das inzwischen sehr wertvolle Fahrzeug wird überwiegend nur noch im Museum zu sehen sein. Überreicht wurde der Preis von Yvonne Mehta, die Whitehouse auch durch die Eifel navigiert hatte. Die ‚Champion‘s Choice‘, die Wahl der anwesenden VIP, fiel auf den wunderschönen Lancia Delta S4 von Rolf Wyss und Oswald Backes. Den Preis überreichte Weltmeister Stig Blomqvist. Der Preis ‚Best replication‘, für den besten Nachbau erhielten die Belgier Adalbert Engler / Eva Smets für ihren Ford Mustang aus den Händen von Rallye-Professor Rauno Aaltonen. Der ‚Sideways Star‘ für den ‚quertreibendsten‘ Teilnehmer ging erstmals nicht an ein Team der Vorauswagentruppe. Bei der engen Entscheidung unter vielen Anwärtern entschied sich die Jury für Yannik Neuville und Co Joshua Sonnet, die den Ford Fiesta WRC in einer beeindruckenden Art bewegten. Den Preis überreichte Drift-Experte Niki Schelle. Als schönstes Fahrzeug der Festival-Ausgabe 2023 wurde der sehr seltene Opel GT von Josef und Monika Schöderle aus der Deutschen Rallye-Meisterschaft 1973 ausgezeichnet. Den Preis überreichte der zweifache DRM-Meister Harald Demuth. Einen Sonderpreis erhielt das Team Portugal. Die vier Teams brachten ihre Fahrzeuge gemeinsam auf einem Autotransporter n die Eifel. Angeführt vom 1995er Gruppe-N-Weltmeister Rui Madeira im Mitsubishi Lancer erhielten sie aus den Händen der kenianischen Safari-Legende Mike Kirkland auch Paolo Pimentel Torres (Datsun 160 J), Carlos Pinho (Ford Escort RS Cosworth) und Victor Lopes im Citroën CX ihre Ehrenpreise.
Einen weiteren ‚Baustein‘ zur Schaffung eines Hospizes für Kinder erhielt Petra Moske Gründerin und 1. Vorsitzende von nestwärme e.V. Deutschland. Die Versteigerungen der Mitfahrten bei Stig Blomqvist, Harald Demuth, Bruno Thiry, Harri Toivonen und Niki Schelle brachten 3.007 Euro zusammen. „Ihr seid die Größten“, rief Moske den Fans am Welcome-Abend zu. Für den Veranstalter übergab Otmar Anschütz als Organisationsleiter des Eifel Rallye Festivals und Vorsitzender des veranstaltenden MSC Daun den Scheck. „Es ist eine liebgewonnene Tradition, dass wir mit unserem Festival auch Organisationen wie die Nestwärme unterstützen. Der Ersteigerer der Mitfahrt bei Stig Blomqvist ist aus Tokio zu uns gekommen, ein Beweis für das internationale Interesse.“
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