WRC Central European Rallye 2023: Sieg für Neuville, Rovanperä holt Titel!
Thierry Neuville entschied die Premiere der WRC Central European Rallye im Dreiländereck Deutschland–Österreich–Tschechien für sich. Der Hyundai-Pilot triumphierte vor Kalle Rovanperä und Ott Tänak. Rovanperä sicherte sich somit vorzeitig den WM-Titel!
Text & Fotos: Harald Illmer
Die vielerwartete Premiere der WRC Central European Rallye im Dreiländereck Deutschland–Österreich–Tschechien sorgte für viel Action und einen Ansturm der Fans!
Der in diesem Jahr erstmals ausgetragene Lauf zur FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) begeisterte mit 18 extrem anspruchsvollen Asphaltprüfungen und erwies sich als würdiges Pflaster für die Thronbesteigung des neuen Rallye-Weltmeisters. Dem Finnen Kalle Rovanperä (Toyota GR Yaris Rally1 Hybrid) genügte der zweite Platz hinter Gesamtsieger Thierry Neuville (Belgien, Hyundai i20 N Rally1 Hybrid) um sich einen Lauf vor dem Saisonende die entscheidenden Punkte für den Titelgewinn zu sichern. Als Drittplatzierter kletterte Ott Tänak (Estland, Ford Puma Rally1 Hybrid) auf das Siegerpodium im deutschen Passau, das als Standort des Serviceparks für vier Tage lang zum Nabel der Rallyewelt geworden war. Nach dem glanzvollen Start auf dem Hradschin in Prag lieferten sich die Teams auf 310 Vollgas-Kilometern einen spannenden Kampf vor 125.000 begeisterten Zuschauern am gesamten Wochenende. Auch im kommenden Jahr wird die Central European Rally zum Kalender der WRC gehören: Vom 31. Oktober bis 3. November 2024 gibt es die zweite Auflage.
Die vorentscheidende Szene der Central European Rally spielte sich am Samstagvormittag ab, als Toyota-Pilot Elfyn Evans von der Piste rutschte und damit aus der Wertung kippte. Zwar konnte der Waliser am letzten Rallyetag noch einmal antreten, um auf der finalen Powerstage mit der Bestzeit fünf wertvolle Zusatzpunkte zu ernten. Das reichte aber nicht, um den als Gesamtzweiten ins Ziel gekommenen Teamkollegen Kalle Rovanperä noch abzufangen. Der Finne konnte sich vorzeitig als Weltmeister feiern lassen und freute sich: „Ich fühle mich richtig gut! Dieses Jahr war, für mich persönlich, noch wichtiger als das vergangene. Der Wettbewerb war härter und wir haben im Cockpit wirklich gute Arbeit geleistet. Der größte Dank gebührt natürlich Jonne Halttunen. Er ist der beste Beifahrer der Welt. Diesen Titel werde ich noch mehr genießen als meinen ersten.“ Bei anfangs wechselhafter Witterung hinterließen die Rallyefahrzeuge viel Schlamm auf der Strecke, die zu einer wahren Rutschbahn wurde.
„Das waren die anspruchsvollsten Asphalt-Prüfungen, die ich bislang in meiner Karriere erlebt hatte“, staunte Weltmeister Rovanperä. Auch für Gesamtsieger Thierry Neuville war der Sieg enorm wichtig: Mit den gesammelten Punkten rückt er in der WM-Tabelle bis auf sieben Punkte sehr nahe an den Zweitplatzierten Evans heran und duelliert sich nun beim Saisonfinale in Japan mit dem Waliser um die Vizemeisterschaft. „Ich bin wirklich froh im Ziel zu sein“, atmete der Belgier bei der Siegerehrung in Passau auf. „Es war ein wahnsinnig anstrengendes und herausforderndes Wochenende. Wir haben einen guten Job gemacht und konstante Leistung gezeigt. Das hat sich letztlich ausgezahlt. Es war ein Erfolg des ganzen Teams an diesem Wochenende, wir können darauf wirklich stolz sein.“ Auf den Asphaltprüfungen im Dreiländereck konnte der Este Ott Tänak im Ford den beiden Schnellsten nicht gefährlich werden. Er reist aus Passau als WM-Vierter ab, wobei der Punkterückstand auf Neuville deutlich zugenommen hat.
Schon beim Start vor dem Präsidentenpalast auf dem legendären Hradschin in Prag zeigte sich, dass die Central European Rally ein Besuchermagnet sein würde. Auf den vollen Rängen der Prüfungen in Tschechien (Donnerstag / Freitag), Deutschland und Österreich (Samstag / Sonntag) zählten die Organisatoren insgesamt 125.000 Zuschauer. „Die Fans haben uns geholfen, aus einer sportlich packenden Veranstaltung ein unvergessliches Event zu machen“, freute sich Prof. Dr. Harald Hertz, Präsident des AMF. „Das war ein tolles Rallyefest! Mein Dank gilt aber auch den vielen Anwohnern und lokalen Unterstützern, die die Rallyefans aus aller Welt mit offenen Armen empfangen haben.” Bereits vor der nun absolvierten Premiere hatte der Motorsport-Weltverband FIA den neuen WRC-Lauf in den nächstjährigen Kalender aufgenommen. ADAC Sportpräsident Dr. Gerd Ennser sagt deshalb auch mit Blick auf die bereits terminierte zweite Auflage vom 31. Oktober bis 3. November 2024: „Wir konnten in dieser Woche Rallyesport auf höchstem Niveau erleben. Die ausgewählten Strecken haben Fans und Fahrer gleichermaßen begeistert. Besser hätten wir das Vertrauen, dass der Weltverband FIA und der Promotor der WRC uns für unsere Debüt-Veranstaltung geschenkt haben, nicht zurückzahlen können.”
Erstmals gibt es mit der Central European Rally einen WRC-Lauf über die Grenzen dreier Europäischer Länder hinweg. ACCR-Präsident JUDr. Jan Šťovíček, Ph.D. betont deshalb: „Ein ganzes Jahr der Vorbereitung hat sich ausgezahlt. Das internationale Team aus drei befreundeten Ländern hat über Sprachgrenzen und kulturelle Unterschiede hinweg optimal zusammengearbeitet und eine WM-Rallye auf höchstem Niveau geschaffen. Dafür gilt unser Dank allen Marshals und anderen ehrenamtlichen Helfern.”
Alle Prüfungen gewonnen, die es zu gewinnen gab, knapp zehn Minuten Vorsprung vor dem Rest des Masters-Feldes: Armin und Ella Kremer haben bei der Rallye Zentraleuropa mit einer fehlerfreien, dominanten Fahrt einen souveränen, deutlichen Sieg gefeiert. Das mecklenburger Duo war bei der Premiere des grenzüberschreitenden WM-Laufes in Deutschland, Österreich und der Tschechischen Replublik nicht nur eine Klasse für sich, sondern hielt mit dem Sieg die Chancen auf den Fahrertitel in der Masters-Wertung der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) weiter am Leben. Damit hätte das Heimspiel im Neuland für die perfekten Lokalhelden kaum besser verlaufen können. Die einzigen regelmäßigen deutschen WM-Starter mit tschechischem Auto, eingesetzt von einem österreichischen Team meisterte von Beginn an die extrem schwierigen Bedingungen scheinbar mühelos. Bei Schmuddelwetter und Schmuddelstraßen blieb ihre Leistung blitzsauber. Keine einzige Bestzeit gaben sie auf den 17 gezeiteten Sonderprüfungen ab.
Bester deutschsprachiger Vertreter bei der Premiere der Central European Rally wurde Simon Wagner (Škoda Fabia). Als Achter im Endklassement der WRC2 konnte er das ausgegebene Ziel „Top Ten“ erfolgreich abhaken. Nach zwei Reifenschäden am Freitagvormittag wurde der Oberösterreicher nach starkem Beginn (Platz 4 auf der ersten Super Special in Prag) früh aus dem Kampf um die Spitzenplätze gerissen. Im weiteren Verlauf der Rallye war Wagner dann zurückhaltend unterwegs und zeigte nur phasenweise, was für den amtierenden österreichischen Meister möglich gewesen wäre: „Das war ein top Tag heute. Man sieht, was ohne Risiko trotzdem möglich ist. Beim nächsten Mal habe ich hoffentlich mehr Glück. Wenn ich 100 Prozent geben kann, dann ist sogar ein Podium möglich. Unsere österreichischen Rallyefans sind der absolute Hammer. Danke an jeden Einzelnen fürs Anfeuern!“
Martin Roßgatterer (Škoda Fabia) fuhr wie Wagner ebenfalls das erste Mal bei einer WM-Rallye über die Startrampe. Bei den äußerst schwierigen Streckenverhältnissen am Freitag und Samstag behielt der WM-Debütant unter Mithilfe seines erfahrenen Copiloten Jürgen Heigl die Nerven. „Beim Besichtigen ist mir schnell klar geworden, warum das die Königsklasse ist. Die Wertungsprüfungen sind unglaublich schwierig. Vor allem die Cuts waren extrem. Ich bin unendlich dankbar, die Chance bekommen zu haben, mich auf diesem Level zu beweisen. Die Fans in Österreich haben mich unglaublich motiviert!“ Nach mehr als 1.691 Kilometern im Rennauto, davon 310 Kilometer auf Zeit, freute sich der Oberösterreicher über seine Zielankunft auf Platz 13 in der WRC2 – einen Platz vor dem neuen Weltmeister Andreas Mikkelsen (Škoda Fabia).
In der WRC Masters-Wertung konnte Johannes Keferböck (Škoda Fabia) nach dem Sieg auf Sardinien mit dem zweiten Rang bei der CER eine weitere Spitzenplatzierung einfahren. Einen möglichen Sieg verspielte der Freistädter vor allem bei den Nachtprüfungen, bei denen er Zeit liegen ließ. Den Sieg holte sich Armin Kremer in einem Škoda Fabia von Raimund Baumschlagers Team BRR.
Einen österreichischen Sieg gab es im ADAC Opel Electric Rally Cup zu bejubeln: Der Niederösterreicher Luca Pröglhöf (mit Copilotin Christina Ettel) siegte zum ersten Mal bei einem Lauf dieses Markenpokals, der ausschließlich mit Elektroautos bestritten wird.
Ergebnisse:
Endstand:
01. Neuville / Wydaeghe, Hyundai i20 N Rally1 2:52:39.9
02. Rovanperä / Halttunen, Toyota GR Yaris Rally 1 +57,6
03. Tänak / Järveoja, Ford Puma Rally1 +1:52.8
04. Ogier / Landais, Toyota GR Yaris Rally1 +2:08.6
05. Katsuta / Johnston, Toyota GR Yaris Rally1 +2:48.3
06. Suninen / Markkula, Hyundai i20 N Rally1 +3:06.3
07. Munster / Louka, Ford Puma Rally1 +4:22.3
08. Fourmaux / Coria, Ford Fiesta Rally2 +11:35.8
09. Ciamin / Roche, Skoda Fabia RS Rally2 +11:53.1
10. Loubet / Veillas, Ford Puma Rally1 +12:04.3
WM-Stände:
WM-Stand Hersteller:
01. Toyota Gazoo Racing World Rally Team - 504 Punkte, 02. Hyundai Shell Mobis World Rally Team - 399, 03. M-Sport Ford World Rally Team - 271
WM-Stand Fahrer: 01. Rovanperä - 235, 02. Evans - 191, 03. Neuville - 184, 04. Tänak - 162, 05. Ogier - 114, 06. Lappi - 98, 07. Katsuta - 89, 08. Sordo - 63, 09. Suninen - 42
Die Rallye Weltmeisterschaft wird von 16. - 19. November 2023 mit der Rallye Japan abgeschlossen. |